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Bath
Der Weg von Bristol nach Bath ist nur vierzehn englische Meilen lang. Im unaufhörlichen Wechsel der reizendsten Aussichten fährt man, wie in einem Garten, auf den schönsten, ebenen Wegen, durch ein Land von mannigfaltiger hoher Schönheit.
Die Jahreszeit war die günstigste, um alles dies zu genießen, aber nicht um das eigentümliche Leben kennenzulernen, welches diese Stadt von den meisten anderen unterscheidet. Früher hatten wir im Winter Gelegenheit dazu, und was wir während unseres ersten und zweiten Aufenthalts in Bath bemerkten, finde vereint hier seinen Platz, um unseren Lesern eine zusammengestellte, vollständigere Ansicht dieses merkwürdigen Orts zu geben. Vorher aber noch etwas im allgemeinen von dem Leben der Engländer in Badeorten, weil es uns zur Verständlichkeit des Ganzen unentbehrlich dünkt.
Etikette ist in England überall an der Tagesordnung. Dem Briten geht es mit ihr wie den Frauen mit ihrer Schnürbrust, wenn sie sich von Jugend auf daran gewöhnt haben. Sie fühlen sich unbehaglich, wenn der gewohnte Zwang aufhört, und wissen ohne ihn nicht zu leben. Schon mit dem häuslichen Leben ist dieser Zwang auf das engste verwebt; in die heiligsten Bande, die Mann und Weib, Eltern und Kinder miteinander verbinden, ist er unzertrennlich verflochten; wie sollte er in den Bädern fehlen, wo der Brite, ganz wegen seiner Natur, unter Unbekannten lebt und sich mit ihnen nach einem etwas von dem Gewöhnlichen verschiedenen Takte, in etwas anders vorgezeichneten Kreisen dreht, dies ist's allein, wodurch das Badeleben vom Alltagsleben sich einigermaßen unterscheidet. Damit aber ja niemand von dem ihm ungewohnten Takt abweiche, die ihm neuen Kreise aus Unbeholfenheit und Unwissenheit verletze, so ist in jedem Brunnenorte ein eigener Zeremonienmeister angestellt; in Bath gibt es deren sogar zwei. Dieser Zeremonienmeister sorgt für alles, er macht gleichsam den Wirt und kommt jedem höflich entgegen. Bei den Bällen und überall hält er auf strenge Beobachtung der von der ganzen Gesellschaft für gültig anerkannten Gesetze, in allem, was die Ordnung der dem Vergnügen gewidmeten Stunden, der Kleidung, des Ranges und tausend anderer Zufälligkeiten betrifft. Diese Gesetze sind in den Assemblee- und Ballsälen angeschlagen, damit er sich gleich darauf berufen könne. Tanzlustige Herren und Damen melden sich bei ihm, wenn sie nicht vorher so klug waren, für sich selbst zu sorgen, und er verschafft ihnen Mittänzer, Partners, für den ganzen Ballabend. Jede Ursache zum Streit sucht er zu entfernen, jeden schon entstandenen zu schlichten. Unermüdet muß er für Anstand und Sitte wachen.
Man sieht aus allem diesem, es ist nicht leicht, dort Zeremonienmeister zu sein. Männer, die sich und ihr Vermögen im großen Strudel der Welt verloren, nun allein dastehen und aus dem allgemeinen Schiffbruche nur furchtlose Dreistigkeit, eine imponierende Gestalt, Weltton und einige vornehme Bekanntschaften gerettet haben, eignen sich am besten zu solchen Stellen und erhalten sie nach dem Tode oder der freiwilligen Resignation ihres Vorgängers durch die Stimmenmehrheit der anwesenden Brunnengäste. Das Leben, das sie führen, ist sehr ermüdend, ihr Lohn dafür Achtung im Äußeren, der Ertrag einiger Bälle, die jede Badezeit zu ihrem Benefiz gegeben werden, und von jedem Badegaste ein anständiges Geschenk. Daß sie überall freien Zutritt haben, versteht sich von selbst. Eine goldene Medaille, welche sie an einem Bande um den Hals oder im Knopfloch tragen, dient zur Bezeichnung ihres Amtes.
Eine entfernte Ähnlichkeit mit den englischen Zeremonienmeistern haben die Brunnenärzte in einigen der kleinen deutschen Bäder, wo sie auf Promenaden und an den öffentlichen Tischen Gesunde und Kranke umflattern, alles anordnen, alles wissen, überall sind und nirgends. Die eigentlichen Brunnenärzte fehlen in England gänzlich; man hält sich an die von Hause mitgebrachte Vorschrift seines eigenen Arztes, und nur in ungewöhnlichen Fällen zieht man einen aus dem Orte oder der Nachbarschaft zu Rate.
Auch öffentliche Spiele gibt es dort nicht, sie werden nicht geduldet, und man hat nicht wie in Deutschland schon vom frühen Morgen den empörenden Anblick dieser auf Raub ausgehenden Hyänen und ihrer sinnlosen Beute zu ertragen.
Hat man sich gleich nach der Ankunft im Badeorte häuslich und komfortabel eingerichtet, welches in England sehr leicht und schnell abgetan ist, hat man Karten an die Badegäste geschickt, die man schon kennt oder deren Bekanntschaft man zu machen wünscht, so bleibt nun weiter nichts übrig, als sich überall zu abonnieren, um überall Eintritt zu haben. Zuerst in die Assemblee-Säle, dann zu den an festgesetzten Tagen statthabenden Bällen, dann zu den Konzerten, die in den größeren Bädern auch regelmäßig gegeben werden; vor allen Dingen aber zu den verschiedenen Leihbibliotheken, die man in jedem Badeorte in ziemlicher Anzahl findet. Diese sind der Herzenstrost, die letzte Zuflucht aller, welche mit dem allgemeinen Feinde, der Zeit, sonst nicht fertig zu werden wissen.
Ist früh das Wasser getrunken, welches gewöhnlich während der Promenade in einem der Brunnensäle geschieht, hat man gebadet, en famille gefrühstückt (öffentliche Frühstücke sind selten), was fängt man dann mit dem langen Vormittage an, bis die zweite Toilette vor Tische beginnt? Reiten, fahren, gehen kann man nicht immer; die wenigen Visiten, die Revue der Putzläden sind bald abgetan. Welche eine Seligkeit, dann einen Zufluchtsort zu haben wie diese Leihbibliotheken! Man trifft dort immer Gesellschaft; mit Bekannten wechselt man ein paar Redensarten, die Unbekannten starrt man an und wird von ihnen wieder angestarrt. Und nun noch die Menge Romane, die Zeitungen, Journale, Broschüren, auf's eleganteste ausgestellt, die man entweder dort durchblättert oder mit nach Hause nimmt. Dies ist noch nicht genug. Außer den geistigen Schätzen findet man in diesen Läden noch deren von irdischerem Glanze. Eine Sammlung aller der zahlreichen Kleinigkeiten aus köstlichen Metallen und Steinen, die der Modewelt unentbehrlich dünken, und alles, was zum Schreiben und Zeichnen dient, vom simplen Bogen Papier an bis zum kostbarsten Schreibzeug oder Portefeuille. Von diesen immer zum Anschauen und zum Verkaufe fertig stehenden Herrlichkeiten wird sehr oft eines oder das andere lotteriemäßig verspielt und gewährt so diesen Anstalten ein neues Interesse.
Zu Mittag speist man etwas früher als in London, weil die Abendvergnügungen schon um sieben Uhr anfangen. Jede Familie besorgt für sich zu Hause ihre Ökonomie selbst oder läßt sie außer dem Hause besorgen. Einzelne Herren machen sich ihre Partie im Gasthofe. Hin und wieder gibt's auch Häuser, wo die Gesellschaft, die im Hause wohnt, sich zugleich in die Kost verdingt und gemeinschaftlich speist; doch entschließen sich nur wenige zu dieser Lebensweise, und sie ist nichts weniger als modisch, oder, wie die Briten sagen, stylish. Öffentliche Tische lieben die Engländer nicht; nur in kleinen Bädern, wo die Gesellschaft, an Zahl, Vermögen und Vergnügungen beschränkter, mehr zusammenhalten muß, trifft man sie. Damen nehmen immer ungern teil daran.
Nach Tische wird in den größeren Bädern die dritte Toilette gemacht. In der Regel hat jeder Abend der Woche seine feste Bestimmung. Abendessen sind nicht gebräuchlich; um Mitternacht geht alles zur Ruhe, einige privilegierte Nachtschwärmer vielleicht ausgenommen.
Das Badeleben in England ist weit bestimmter als in Deutschland: man weiß jeden Tag genau, wie man ihn hinbringen kann, und des zwecklosen Umhertreibens gibt es dort nicht so viel als in Pyrmont oder Karlsbad. Nur der Sonntag ist ein fürchterlicher Tag. Spiel, Tanz, Musik, alles ist hoch verpönt alle Läden, alle Leihbibliotheken sind geschlossen; da bleibt denn kein Trost als die Abendpromenade im Salon bei einer Tasse Tee. Die Gesellschaft ist im Durchschnitt sehr einförmig, die Ausländer, die merkwürdigen Menschen fremder Nationen, die unseren Bädern oft ein so hohes Interesse geben, fehlen ganz. Einige wenige Ausnahmen abgerechnet, sieht man nur Landeseinwohner. Ein Irländer oder Schotte heißt sogar schon ein Fremder.
In England muß nun einmal alles im Leben dem gewöhnlichen Laufe der Natur entgegenstreben. Der Sommer ward zum Winter, der Winter zum Sommer umgeschaffen, den Abend machte man zum Mittag, die Nacht zum Tage, und um diese allgemeine Veränderung aller Zeiten recht vollkommen zu haben, beliebte man auch die Badezeit von Bath in den Winter zu versetzen. Vom November bis zum Mai wimmelt es dort von Badegästen, die sich im Kreise stets wiederkehrender Lustbarkeiten bis zum Schwindel umherdrehen. Im Sommer ist's leer, die recht bresthaften Kranken schleichen dann still, traurig und einsam zur heilenden Quelle. Man sieht sie auf den Terrassen und Promenaden an Krücken und auf Podagristenwägelchen die belebenden Strahlen der Sonne aufsuchen.
Im Winter herrscht Leben und Freude da, wo im Sommer einsame Seufzer traurig verhallen. Viele führt das Vergnügen, einige auch wohl eine leise Andeutung von Gicht und Podagra nach Bath; der größte Teil der Badegäste aber besteht aus einer eigenen Gattung von Kranken. Wer ein wenig zu schnell und lustig in die Welt hineinlebte und jetzt in ein paar etwas sparsamer verlebten Jahren seinen zerrütteten Finanzen aufzuhelfen denkt, wer bei beschränkten Mitteln den Freuden der großen Welt nicht zu entsagen versteht, der flüchtet hierher, wo er sie alle findet; freilich in etwas verjüngtem Maßstabe wie in London gehalten, aber dafür auch unendlich wohlfeiler. Zwar ist es auch hier sehr teuer leben, aber doch immer viel weniger als in London, wenn man in dieser Riesenstadt ein Haus machen muß. Schon in dem Umstande, daß die bergige Lage von Bath Pferde und Wagen entbehrlich, ja ganz überflüssig macht, liegt ein sehr bedeutender Ersparnis. Nach einigen in Bath verlebten Wintern ist man gewöhnlich wieder zu Kräften gekommen und kann sich von neuem auf einer größeren Laufbahn versuchen.
Da die Gesellschaft hier größtenteils aus Mitgliedern der müßigen und eleganten Welt besteht, so ist der Ton derselben so verfeinert und vornehm frivol als möglich. An Glücksrittern fehlt es dabei nicht; diese tragen aber zur Erheiterung des Ganzen bei, wo sie erscheinen. Väter und Vormünder reicher Erbinnen, welche diese bisweilen hierher führen, um sie zu ihrer Erscheinung auf einem größeren Theater vorzubereiten, müssen sich freilich in acht nehmen. Von Bath aus ward schon manche Reise zum kunstreichen Schmied von Gretna Green vorbereitet oder gar angetreten.
Bath liegt in einem lachenden Tale, rund umschlossen von beträchtlichen Anhöhen, die sich nur öffnen, um dem schönen Strom eben den Durchweg zu gewähren. Langsam und majestätisch windet er sich, bis zu dem zwölf englische Meilen entfernten Bristol schiffbar, durch Tal und Stadt, erhebt die Schönheit der Gegend und gewährt durch die leichte Kommunikation mit jenem großen Seehafen beträchtliche Vorteile. Von wunderbar einziger Schönheit ist der Anblick der Stadt. Bald ward das Tal zu eng, und sie erhob sich auf die nächsten Anhöhen, höher und immer höher türmte sie Paläste über Paläste, wetteifernd untereinander an Schönheit und allem Schmucke der neueren Architektur.
Im sonderbaren Kontraste mit diesen leichten, luftigen Schöpfungen liegt unten im Tale am Ufer des Avon die alte Kathedrale [Fußnote: Abbey Church. Die heutige Kirche ist die dritte an dieser Stelle und im Stil der dekadenten Gotik im 16. Jh. erbaut.] zu welcher König Osric schon im Jahre 676 den Grund gelegt haben soll. Ernst steht sie da, in alter Majestät; ihre gotischen Türme streben wie aus eigener Kraft seit Jahrhunderten ins Blaue des Himmels hinaus, während die bunte neue Welt um sie her die Hügel erklettert und sich groß dünkt.
Die Häuser sind alle von schönen Quadersteinen erbaut, die man ganz in der Nähe in Menge bricht. Alles sieht neu aus, als wäre es gestern erst fertig geworden. Squares, einzelne Reihen Häuser, mehrere Circus, halbe Monde, aus eleganten Häusern bestehend, die unter einem fortlaufenden Dache, ganz symmetrisch verziert, das Ansehen eines einzigen Prachtgebäudes haben, stehen zerstreut, wo Laune der Erbauer oder Zufall sie hinsetzte, oft in sehr beträchtlicher Höhe.
Regelmäßig zu einem Ganzen verbunden ist dies alles nun gar nicht,, aber doch unbeschreiblich hübsch anzusehen; ausgezeichnet schön der große Platz, Queen's Square genannt, mit seinen prächtigen, vielleicht ein wenig mit Zierart überladenen Häusern, aus deren Fenstern man sich einer schönen Aussicht erfreut. In der Mitte dieses Platzes umschließen eiserne Geländer einen artigen Garten, dessen sich die Bewohner der umliegenden Häuser zum Spazieren bedienen können; schade, daß ein kleinlicher Obelisk ihn entstellt.
Von Queen's Square geht es sehr steil in die Höhe durch Gay Street zum Royal Circus, einem großen runden Platze. Die ihn umgebenden Häuser sind mit dorischen, jonischen, korinthischen und allen möglichen Säulen aller möglichen Ordnungen verziert oder verunziert. Hinter ihm, noch viel höher, liegt der Royal Crescent; er besteht aus dreißig sehr schönen Häusern, die das Ansehen eines einzigen haben. Sie bilden einen halben Kreis, einfach, im edelsten Stil erbaut, mit einer einzigen Reihe jonischer Säulen. Vor ihnen hin breitet sich ein herrlicher Wiesenteppich und läuft hinab gegen die Ufer des Avon. Eine diesem ähnliche Reihe Häuser, Marlboroughsgebäude genannt, liegt ganz in der Nähe. Der höchste bewohnte Platz in Bath ist der Landsdown Crescent, ebenfalls eine schöne, im halben Monde sich hinstreckende Reihe Häuser. Sie liegen, gleichsam die Krone der schönen Stadt, in schwindelnder Höhe.
Noch mehrere oder gar alle diesen ähnliche Plätze und Straßen zu nennen, würde ermüdend werden, und vielleicht reicht das hier Gesagte schon hin, um dem Leser eine Idee von dem zu geben, was diese Stadt vor allen anderen so sehr auszeichnet. Es ist wahr, ihre so sehr bergige Lage hat viel Unbequemes, aber das herrliche Pflaster, die große Reinlichkeit der Straßen und nachts die wunderschöne Erleuchtung mildern diese Unbequemlichkeit gar sehr, und die Polizei wacht auf die musterhafteste Weise über alles, was zur Bequemlichkeit und Ruhe der Brunnengäste beizutragen vermag.
Am Fahren in der Stadt ist hier fast gar nicht zu denken. Mehrere der schönsten Straßen, Bond Street zum Beispiel, sind ganz mit großen Quadersteinen gepflastert und gar nicht für Equipagen eingerichtet. Zu den Assembleesälen, zu beiden Promenaden, die Nord- und Südparade genannt, kann man durchaus nicht zu Wagen gelangen. Doch befürchte man deshalb nicht, sich zu sehr zu ermüden: eine Anzahl von Portechaisen [Fußnote: Tragstühle] steht überall bereit; auf den ersten Wink setzen diese sich in Bewegung und transportieren im schnellsten Hundetrott ihre Last bis auf den höchsten Gipfel der Berge. Sie stehen unter strenger Aufsicht der Polizei, wie die Fiaker in London, sind alle numeriert und einer ziemlich mäßigen Taxe unterworfen, die sie nicht überschreiten dürfen.
Die ganze Stadt ist ein ungeheures Hotel garni. Alle die schönen Gebäude werden ganz oder teilweise an Badegäste vermietet. Der festgesetzte Preis eines möblierten Zimmers während der Badezeit beträgt eine halbe Guinee die Woche; ein Bedientenzimmer kostet die Hälfte. Unangenehm ist es, daß man immer die ganze Reihe Zimmer mieten und oft deren sieben oder acht bezahlen muß, während man kaum die Hälfte davon braucht. Es gibt zwar Häuser, welche zugleich ihre Gäste in die Kost nehmen, und in diesen ist man gefälliger und vermietet einzelne Zimmer; aber freilich muß man auch dort weniger Ansprüche auf Eleganz und Bequemlichkeit machen. Was man außer der Wohnung noch nötig hat, ist ebenfalls zu vermieten: Möbel aller Art, Betten, Porzellan, Küchengeschirr, Hausgeräte und Gemälde, Gläser und Kronleuchter, Tisch- und Bettwäsche, alles wie man es verlangt, auf das Prächtigste oder zierlich einfach. In der Zeit von zwei Stunden kann ein großes Haus mit allem Nötigen und Überflüssigen versehen werden. Überall findet man die einladensten Bekanntmachungen angeschlagen, überall, nach Londoner Sitte, alle Erfindungen des Luxus und der Bequemlichkeitsliebe hinter großen Glasfenstern in schönen Läden zum Verkauf und zur Miete auf das Zierlichste ausgestellt.
Das Wasser ist sehr heiß. Drei Stunden muß es stehen, ehe man sich hineinwagen darf. Es wird auch getrunken, doch mehr darin gebadet. Der heißen Quellen gibt es drei; man geht wie in Karlsbad beim Trinken von der schwächsten zur stärkeren allmählich über. Die Ärzte empfehlen dabei die größte Vorsicht. Das Wasser ist klar und schmeckt nicht unangenehm; Nervenübel, Lähmungen, Podagra und Gicht sind die Krankheiten, gegen welche es hauptsächlich angewandt wird. Die Zeit des Trinkens ist morgens zwischen sechs und zehn Uhr, und dann wieder einige Gläser gegen Mittag. Gewöhnlich trinkt man in dem zur Quelle gehörigen Brunnensaale.
In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts herrschte in Bath der ekelhafte Brauch, in großen gemeinschaftlichen Bädern in Gesellschaft ohne Unterschied des Geschlechts zu baden. Die Damen verzierten bei dieser Gelegenheit ihre aus dem Wasser hervorragenden Köpfe auf das Modernste und Vorteilhafteste; Zuschauer standen auf der das Bad umgebenden Galerie und machten mit den unten Badenden Konversation, um ihnen die Zeit zu vertreiben. Diese großen Bäder existieren noch, vier an der Zahl, aber nur die geringeren Klassen machen auf die oben beschriebene Weise Gebrauch davon. Das erste dieser Bäder, das Königsbad genannt, liegt dicht hinter dem großen Brunnensaale; eine Reihe dorischer Säulen umgibt es; es ist fünfundsechzig Fuß lang und vierzig breit, das Wasser hier zwischen einhundert und einhundertdrei Grad Fahrenheit heiß. Neben diesem Bade liegt der Königin Bad, es enthält nur fünfundzwanzig Fuß im Geviert und ist etwas weniger warm. Das Kreuzbad führt diesen Namen von einem Kreuze, welches ehemals hier stand, und hat einen eigenen kleinen Brunnensaal. Mit dieser Quelle, als der schwächsten, fängt man gewöhnlich an zu trinken. Das heiße Bad hat einhundertsiebzehn Grad Wärme. Privatbäder, Dampfbäder und ähnliche Anstalten sind damit in dem nämlichen Gebäude vereint. Diese Quelle, als die stärkste, wird selten getrunken, der dazugehörige Brunnensaal ist dumpf und düster.
Die erste Entdeckung der heißen Quellen von Bath verliert sich ins graueste Altertum. Die alten Briten kannten sie schon und bauten hier eine Stadt, die sie Caer yun ennaint twymyn, die Stadt der heißen Bäder, nannten. Später gaben ihr die Römer verschiedene andere Namen: Thermae sudatae, Aquae calidae, die Angelsachsen nannten sie Akemannus Ceaster, die Stadt der Gebrechlichen. Im Sommer möchte sie noch so heißen; wenn aber jetzt einer jener alten Herren, die sie so nannten, im Winter aus der Ewigkeit plötzlich in einen ihrer Ballsäle versetzt würde, er gäbe ihr gewiß dann einen schöneren Namen.