Blumenpflücken während der Fahrt verboten

 

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Blumenpfluecken waehrend der Fahrt verbotenKurzbeschreibung

Gelegentlich kommt ihm der kleine rote Triebwagen in den Sinn, der in seinen frühen Kindertagen seinen Heimatort Ameln mit Bedburg verband. Dieser eilte mit einer solch rasanten Geschwindigkeit durch die Felder, das sich die Bahn genötigt sah, ein Hinweisschild in dem Waggon anzubringen, das da lautete: »Blumenpflücken während der Fahrt verboten.« Das ist lange her.

Damals war er noch klein, noch nicht von der Liebe enttäuscht wie bisweilen heute. Hals über Kopf rennt er dann davon, um sich überraschenderweise irgendwo in einem Flughafen, einem Bahnhof oder einem Schiffsableger wiederzufinden. Der Typ, im Nebel des Alkohols Vergessenheit zu finden, ist er nicht, auch wenn manche Tage vielleicht im Schatten liegen mögen. Da schließt er sich lieber Maugham an, der es folgendermaßen ausgedrückt hat: »Wenn ich an den Schmerzen unerwiderter Liebe litt, dann habe ich unverzüglich einen Ozeandampfer bestiegen.«

Nun, so geht es ihm hin und wieder auch. Und in diesen Fällen denkt er, besser auf Reisen zu gehen, um sich da zumindest auf der sicheren Seite zu wähnen und den Tagen, Wochen oder Monaten wenigstens die Illusion von Sinn zu geben.

Während er einigermaßen wohlauf in vermieften Bussen fährt, womöglich sogar mit einem fremden Kopf auf seiner Schulter, und draußen auf der staubigen Straße ein Eselchen seinen Weg dahintrotten sieht, ja spätestens dann ist sein Liebeskummer wie verflogen, zumindest kurzzeitig. – Nun sosehr er sich bemüht, gelegentlich suchen ihn liebeskranke Gedanken doch wieder heim, vornehmlich, so muss er gestehen, erneut in überquellenden Bussen, aber auch in schaukelnden Booten und dahinratternden Zügen oder, wie damals, in einem Café in Fès, Marokko. Da war so ein Moment, an dem er sich wünschte, sich jemandem mitteilen zu können, und er nahm sich vor, einen langen Brief zu schreiben. Er dachte an eine bestimmte Frau. Von Mohammed wollte er ihr berichten, von dem, was er an dem Tag erlebt hatte, von der Taxifahrt, von eingesalzenen Köpfen, von dem Park mit dem seltsamen Namen, von Babs und Dars und Hamams, von Kaffeehäusern und Teestuben, von Qiblas und Mihrabs, vom Gedränge der Souks, von Wohlgerüchen und Gestank, von schlafenden Zuckerbäckern und essenden Tierhautabziehern. Vielleicht wollte er ihr auch die Lust und seine gelegentliche Verzweiflung spüren lassen, die er bei seinen Reisen empfindet. Oder seine Rastlosigkeit, die hin und wieder besonders halsstarrig ist. Und das pochende Herz natürlich, weil er in den seltensten Fällen weiß, was am Ende des Wegs auf ihn wartet.

 

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