Die Mythen der Maori

Die Mythen der MaoriNach der jüdisch-christlich-islamischen Überlieferung ent­stand das Universum zu ei­nem bestimmten, nicht allzu fernen Zeitpunkt in der Vergangenheit. Augustinus ging in seiner Schrift »Der Gottesstaat« von der Genesis aus und kam zu dem schlichten Ergeb­nis, dass Gott die Welt ungefähr 5000 v. Chr. erschaffen habe und die Zeit erst seit der Er­schaf­fung des Universums existiere. Aristoteles und eine Viel­zahl seiner griechischen Philosophiekollegen lehnten diesen Standpunkt ab, weil sie von göttlichem Interventio­nismus nicht viel hielten. Für sie hatten Mensch und Welt schon im­mer existiert. Kant, der Mann, der das Wort »Insel Universum« kreierte, fand in seinem Werk »Kritik der reinen Vernunft« überzeugende Argumente, sowohl für den einen als auch für den ande­ren Erklärungsversuch.

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Wenn der Tod sterben müsste

© Willi Schnitzler    

Wenn der Tod sterben msste„Alle Menschenkinder wandeln auf demselben traurigen Weg dem Tode zu“, sagte einst Maui zu seinem Vater Makea. 
„Alle Menschen müssen sterben“, antwortete Makea, „früher oder später fallen sie wie reife Früchte vom Baum und sie werden von der mächtigen Mutter der Nacht, Hinenuitepo, eingesammelt.“
„Muss das wirklich so sein?“, erwiderte Maui. „Wenn der Tod sterben müsste, könnten denn die Menschen nicht ewig leben?“
Makea antwortete betrübt: „Hör zu, denn ich muss dich warnen. Deine Gedanken sind gefährlich. Kein Mensch kann den Tod bezwingen. Auch du musst eines Tages sterben.“
„Wie ist denn das möglich?“, wollte Maui wissen. „Hat meine Mutter nicht prophezeit, dass ich ewig leben würde? Kein gewöhnlicher Mensch leistet das, was ich zustande brachte. Für mich ist der Tod ein weiterer Feind, den ich besiegen will.“

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Taranakis Liebe

© Willi Schnitzler    

Taranakis LiebeHoch über dem Zentralland der Nordinsel thronten in jenen Tagen mehrere Berge wie Gottheiten. Nahe Ngauruhoe, Ruapehu und Taranaki lebte der höchste und mächtigste unter den Göttern, Tongariro, während unweit von ihnen auch die liebliche Jungfrau Pihanga stand. Sie war von außerordentlicher Schönheit mit einem Mantel aus tiefgrünem Busch, den sie fest um ihre Schultern geschlungen hatte. So verwunderte es keineswegs, dass die Berggötter allesamt ein Auge auf das hübsche Bergfräulein geworfen hatten. Was sie dazu bewog, den heiligen, weißhaarigen Tongariro als ihren Liebhaber auszuwählen, sollte ihr Geheimnis bleiben. Die Berge lebten längere Zeit in friedvollem Miteinander, doch Taranaki wollte seine Gefühle für Pihanga im wahrsten Sinne des Wortes nicht länger verbergen. Als er sie bedrängte und Anträge machte, kam es zu einem heftigen Streit zwischen Tongariro und Taranaki, der die Erde erschütterte. Ärgerlich und ihrem Unmut und Zorn freien Lauf lassend, spien die Berge Feuer. Schwarze Wolken zogen auf, sodass sich der Himmel verdunkelte.

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Maui

© Willi Schnitzler    

MauiBevor das Licht da war, gab es nur Dunkelheit. Te Po. Alles war Nacht. Unendlich lang, unsagbar dunkel. Te Po nui – die große Nacht. Te Po roa – die lange Nacht. Te Po uriuri – die dunkle Nacht. Te Po kerekere – die intensive dunkle Nacht. Te Po tiwha – die düster beladene Nacht. Te Po tangotango – die spürbare Nacht. Te Po te kitea – die unsichtbare Nacht. 
Bevor die Dunkelheit da war, gab es Nichts. Te Kore. Das erste Licht, das existierte, war nicht mehr aber auch nicht weniger als das Glühen eines Wurmes, und als Sonne und Mond gemacht wurden, gab es keine Augen, die sie hätten sehen können, gab es nicht einmal Götter. Der Anfang wurde aus dem Nichts erschaffen.

So sprach die karakia, Gesänge aus alter Zeit, in denen alle Vorfahren benannt wurden.

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Die Zähmung der Sonne

© Willi Schnitzler    

Die Zähmung der SonneMaui hatte oft genug die Klagen seiner Brüder mit anhören müssen, dass der Tag nicht genügend Sonnenlicht habe. Nacht für Nacht saßen sie um das Feuer und sprachen über dieses Thema. Wie früh sie auch immer aufstanden, nie reichte die Sonne, um all ihre Pflichten, ihr Jagen und Fischen zu erhellen. 
„Ich denke, ich kann die Sonne zähmen!“, sagte Maui eines Tages. 
„Maui, mach dich nicht lächerlich!“, antworteten sie. „Niemand kann die Sonne bändigen. Du wirst zu Asche verglühen, sie ist viel zu groß und mächtig.“
„Schaut, ich kann die Sonne zähmen!“, sagte er, diesmal mit großer Autorität in der Stimme. „Schickt alle Frauen des Stammes aus, um so viel Flachs wie möglich zu schneiden. Dann zeige ich euch, wie man ein Netz herstellt, das stark genug ist, die Sonne zu fangen. Ich werde dafür sorgen, dass sie in Zukunft nicht mehr so schnell über den Himmel läuft.“

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