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2. KAPITEL

Ein neuer Vorschlag von Kapitän Nemo

Am 28. Februar, als die ›Nautilus‹ zur Mittagszeit unter 9° 4ʹ nördlicher Breite wieder an die Oberfläche des Meeres kam, befand sie sich im Angesicht eines Landes, das 8 Meilen westlich lag. Ich gewahrte zuerst einen Haufen etwa 2.000 Fuß hoher Berge, deren Formen sich sehr launenhaft änderten. Als die Lage aufgenommen war, begab ich mich wieder in den Salon und erkannte auf der Karte, dass wir im Angesicht der Insel Ceylon waren, dieser Perle an der unteren Spitze der indischen Halbinsel.

Ich suchte in der Bibliothek nach einem Buch über diese Insel, die eine der fruchtbarsten der Erde ist, und fand gerade einen Band von Sir H. O. Esq., mit dem Titel ›Ceylon und Cingalesen‹.

Als ich wieder in den Salon trat, erschienen gleich auch Kapitän Nemo und sein Lieutenant.

Der Kapitän warf einen Blick auf die Karte und sagte zu mir:

»Die Insel Ceylon ist durch ihre Perlenfischereien berühmt?

Würde es Ihnen angenehm sein, Herr Arronax, eine solche Fischerei zu besuchen?«

»Jawohl, Kapitän.«

»Gut. Es kann leicht geschehen. Nun, sehen wir zwar die Fische

reien, so können wir doch nicht die Fischer sehen. Die jährlich vorgenommene Ausbeutung hat noch nicht begonnen.

Tut nichts. Ich will nach dem Golf Manaar fahren, wo wir in der Nacht ankommen werden.«

Der Kapitän sprach mit seinem Lieutenant einige Worte, der ging sogleich hinaus, und die ›Nautilus‹ tauchte alsbald in ihr Element hinab. Das Manometer zeigte, dass er sich in einer Tiefe von 30 Fuß hielt.

Ich suchte auf der Karte den Golf von Manaar. Er findet sich im Nordwesten unterm 9. Breitengrad, gebildet durch einen langen Streifen des Inselchens Manaar. Man musste, um hinzukommen, das ganze westliche Ufer von Ceylon hinauffahren.

»Herr Professor«, sagte darauf Kapitän Nemo, »man fischt Perlen im Golf von Bengalen, im Indischen Meer, dem Chinesischen und Japanischen, in den Meeren Südamerikas, in den Golfen von Panama und Kalifornien; aber zu Ceylon mit dem schönsten Erfolg.

Wir kommen dafür zwar etwas zu früh. Die Fischer versammeln sich erst im März im Golf von Manaar, und dann widmen sich ihre 300 Boote 300 Tage lang ganz dem gemeinsamen Geschäft, diese Kostbarkeiten des Meeres zu holen. Jedes Boot ist mit zehn Ruderern und zehn Fischern besetzt. Die letzteren sind in zwei Rotten geteilt, die im Untertauchen miteinander abwechseln, und begeben sich in eine Tiefe von 12 Metern mithilfe eines schweren Steins, den sie zwischen ihre Füße nehmen und der mit einem Tau an dem Fahrzeug befestigt ist.«

»Also«, sagte ich, »ist immer noch das ursprüngliche Verfahren in Brauch.«

»Immer noch«, erwiderte Kapitän Nemo, »obwohl diese Fischereien dem gewerbverständigsten Volk der Welt angehören, den Engländern, denen sie im Vertrag zu Amiens, 1802, abgetreten worden sind.«

»Es scheint mir doch, dass der Skaphander, wie Sie ihn im Gebrauch haben, dabei große Dienste leisten würde.«

»Jawohl, denn die armen Fischer können’s nicht lange unter Wasser aushalten. Der Engländer Parceval spricht zwar von einem Kaffer, der 5 Minuten lang unter Wasser bleiben konnte, aber es

scheint mir dies nicht sehr glaubhaft. Ich weiß, dass manche Taucher es bis auf 57 Sekunden und sehr geschickte bis 87 bringen; doch sind solche selten, und wenn die armen Kerle wieder an Bord kommen, strömt ihnen Wasser mit Blut vermischt aus Nase und Ohren. Ich glaube, dass die Durchschnittszeit, die diese Fischer es aushalten können, nur 30 Sekunden beträgt, währenddessen sie in aller Eile mit einem kleinen Netz alle Perlmuscheln, deren sie habhaft werden können, zusammenraffen; aber im allgemeinen werden diese Fischer nicht alt; sie bekommen schwache Sehkraft, es bilden sich Geschwüre an ihren Augen und zeigen sich Wunden über dem ganzen Körper; und oft auch werden sie auf dem Meeresgrund vom Schlag getroffen.«

»Ja«, sagte ich, »’s ist ein trauriges Gewerbe und dient doch nur, um einige Launen zu befriedigen. Aber, sagen Sie mir, Kapitän, wie viel Muscheln kann ein Boot während eines Tages fischen?«

»Etwa 40- bis 50.000. Man sagt sogar, dass im Jahr 1814, als die englische Regierung auf eigene Rechnung fischen ließ, ihre Taucher binnen 20 Tagen 76 Millionen Muscheln zutage förderten.«

»Da finden sich wenigstens«, fragte ich, »diese Fischer hinreichend belohnt.«

»Schwerlich, Herr Professor. Zu Panama verdienen sie nur einen Dollar die Woche. Meistens bekommen sie nur einen Sou für die Muschel mit einer Perle, und wie viele bringen Sie herauf, die keine enthalten!«

»Ein Sou den armen Leuten, die ihre Herren bereichern! Das ist abscheulich!«

»Also, Herr Professor«, sagte zu mir Kapitän Nemo, »Sie werden mit Ihren Gefährten die Bank von Manaar besuchen, und wenn sich vielleicht ein erwerbsamer Fischer schon dort befindet, so werden wir ihn sehen, wie er’s macht.«

»Einverstanden, Kapitän.«

»Beiläufig, Herr Arronax, Sie fürchten sich doch nicht vor den Haifischen?«

»Vor den Haifischen?« rief ich aus.

Diese Frage schien mir zum Mindesten recht müßig.

»Nun?« wiederholte der Kapitän.

»Ich muss Ihnen gestehen, Kapitän, dass ich mich mit dieser Art Fische noch nicht sehr befreundet habe.«

»Wir sind daran gewöhnt«, versetzte Kapitän Nemo, »und mit der Zeit werden Sie sich dareinfinden. Übrigens sind wir ja bewaffnet, und wir können unterwegs vielleicht einen Hai erlegen; ’s ist das eine recht interessante Jagd. Also, auf morgen, Herr Professor, und in aller Frühe.«

Das sagte der Kapitän so leichthin und verließ den Saal.

Lädt man uns ein, im Schweizer Gebirge einen Bären zu jagen, so sagen wir: »Recht gern! Morgen gehen wir auf die Bärenjagd.«

Lädt man uns zu einer Löwenjagd auf den Hochebenen des Atlas oder zu einer Tigerjagd in den Niederungen Indiens ein, so sagen wir: »Ei nun! wir werden wohl dabei sein!« Aber lädt man uns ein, den Haifisch in seinem natürlichen Element zu jagen, so erbitten wir uns vielleicht Bedenkzeit aus, bevor wir die Einladung annehmen.

Ich für meinen Teil fuhr mit der Hand über meine Stirn und fühlte da einige Tropfen kalten Schweißes.

»Wir wollen’s überlegen«, sagte ich bei mir, »und übereilen wir uns nicht. Fischotter in unterseeischen Wäldern zu jagen, wie wir’s auf der Insel Crespo getan, geht noch an. Aber sich auf den Meeresgrund zu begeben, wenn man fast sicher ist, dort auf Haifische zu stoßen, ist doch etwas anderes! Ich weiß wohl, dass in manchen Ländern, besonders auf den Andamanen, die Neger bei der Hand sind, einen Dolch in einer Hand, eine Schlinge in der anderen, einen Haifisch anzugreifen, aber ich weiß auch, dass viele, die keck genug sind, mit diesen furchtbaren Ungeheuern anzubinden, nicht mit dem Leben davonkommen! Übrigens bin ich auch kein Neger, und wenn ich einer wäre, so würde, glaube ich, in diesem Falle eine leichte Bedenklichkeit meinerseits wohl an der Stelle sein.«

Ich stellte mir also in Gedanken die Haifische vor, ihre ungeheuren Kinnbacken mit vielen Reihen Zähnen, die einen Menschen mit einem Biss in zwei Teile zerlegen können. Da kam mir schon ein Schmerzgefühl um die Lenden. Sodann wollte mir doch die Gleichgültigkeit nicht behagen, womit der Kapitän diese leidige Einladung gemacht hatte! Hätte man nicht meinen sollen, es

handle sich nur darum, in einem Buschwerk einen Fuchs zu prellen?»Gut!« dachte ich, »Conseil wird sich nie entschließen mitzugehen, und das wird mich beim Kapitän entschuldigen.«

In Beziehung auf Ned Land, gestehe ich, fühlte ich mich nicht so sicher seiner Klugheit. Eine noch so große Gefahr hatte für seine kampffertige Natur stets einen Reiz.

Ich machte mich wieder an die Lektüre des Buchs von Sier, aber ich blätterte nur mechanisch darin. Ich sah zwischen den Zeilen die fürchterlichen Kinnbacken aufgesperrt.

In diesem Augenblick traten Conseil und der Kanadier ein, mit ruhiger, selbstheiterer Miene. Sie wussten nicht, was ihnen bevorstand.

»Meiner Treu, mein Herr«, sagte Ned Land zu mir, »Ihr Kapitän Nemo – hol ihn der Teufel – hat uns soeben einen sehr annehmlichen Vorschlag gemacht.«

»Ah!« sagt’ ich, »Sie wissen ...«

»Nehmen Sie’s nicht übel, mein Herr«, erwiderte Conseil, »der Kommandant der ›Nautilus‹ hat uns eingeladen, morgen in Gesellschaft meines Herrn die prächtigen Fischereien von Ceylon zu besuchen. Er hat die Einladung in seinen Worten gemacht und sich wie ein echter Gentleman benommen.«

»Sonst hat er euch nichts gesagt?«

»Nein, mein Herr«, erwiderte der Kanadier, »außer dass er von dem kleinen Ausflug mit Ihnen gesprochen habe.«

»In der Tat«, sagte ich. »Und er hat Ihnen nichts Besonderes gesagt über ...«

»Nichts, Herr Naturforscher. Sie werden doch mit dabei sein, nicht wahr?«

»Ich ... ohne Zweifel! Ich sehe, dass Sie Geschmack daran bekommen, Meister Land.«

»Ja! ’s ist merkwürdig, sehr merkwürdig.«

»Gefährlich vielleicht!« fügte ich mit schmeichelndem Ton bei.

»Gefährlich«, erwiderte Ned Land, »ein bloßer Ausflug auf eine Austernbank!«

Offenbar hatte Kapitän Nemo für unzuträglich gehalten, den

Gedanken an Haifische bei meinen Gefährten anzuregen. Ich sah sie mit besorgtem Auge an, als wenn ihnen schon ein Glied mangele. Sollte ich sie warnen? Ja gewiss, aber ich wusste nicht recht, wie es anzufangen.

»Wird mein Herr«, sagte Conseil, »die Güte haben, uns Näheres über die Perlenfischerei zu sagen?«

»Über das Fischen selbst«, fragte ich, »oder über das, was dabei vorfallen ...«

»Über das Fischen«, versetzte der Kanadier. »Ehe man auf etwas eingeht, muss man den Grund kennenlernen.«

»Nun denn! Setzten Sie sich nieder, meine Freunde, und ich will Ihnen mitteilen, was ich von dem Engländer Sier selbst soeben gelernt habe.«

Ned und Conseil setzten sich auf einen Diwan, und zuerst sagte der Kanadier zu mir:

»Mein Herr, was ist denn eigentlich eine Perle?«

»Lieber Ned«, erwiderte ich, »für den Dichter ist die Perle eine Träne des Meeres; für die Orientalen ein fest gewordener Tautropfen; für die Frauen ein längliches Kleinod von durchsichtigem Glanz und Perlmutterstoff, das sie am Finger, Hals oder am Ohr tragen; für den Chemiker eine Mischung von phosphorsaurem und kohlensaurem Salz mit ein wenig Leim, und endlich für den Naturkundigen nur eine krankhafte Ausscheidung des Organes, das bei einigen zweischaligen Muscheln die Perlmutter erzeugt.«

»Abteilung der Mollusken«, sagte Conseil, »Klasse der Kopflosen, Ordnung der Schaltiere.«

»Ganz richtig, gelehrter Conseil. Unter diesen Schaltieren nun sind alle die, welche Perlmutter ausscheiden, d.h. die blaue, bläulich violette oder weiße Substanz, die das Innere ihrer Schalen auskleidet, fähig, Perlen zu erzeugen.«

»Auch die Muscheln?« fragte der Kanadier.

»Ja, die Muscheln einiger Bäche in Schottland, Wales, Irland, Sachsen, Böhmen, Frankreich.«

»Gut! Das wird man sich merken«, erwiderte der Kanadier.

»Aber«, fuhr ich fort, »die Molluske, die vorzugsweise Perlen absondert, ist die Perlenauster, meleagrina Margaritifera, die kostbare

Perlmuttermuschel. Die Perle ist nur eine Perlmutterausscheidung, die Kugelform annimmt. Entweder sitzt sie an der Schale fest oder befindet sich als Verhärtung im Fleisch des Tieres frei. Zum Kern hat sie stets ein kleines hartes Körperchen, sei’s ein unfruchtbares Eichen oder ein Sandkorn, um das sich der Perlmutterstoff binnen einigen Jahren nach und nach in kleinen konzentrischen Ringen absetzt.«

»Finden sich mehrere Perlen in derselben Auster?« fragte Conseil.»Ja, lieber Junge. Es gibt Perlmuscheln, die einen wahren Schrein bilden. Man hat sogar eine Auster angeführt, aber ich bin so frei, es in Zweifel zu ziehen, die nicht minder als 150 Haifische enthielt.«

»150 Haifische!« rief Ned Land aus.

»Hab’ ich Haifische gesagt?« versetzte ich lebhaft. »Ich meine 150 Perlen. Haifische wäre ja sinnlos.«

»Jawohl«, sagte Conseil. »Will mein Herr uns nun lehren, wie man diese Perlen herausbekommt?«

»Man verfährt auf verschiedene Weise, und oft, wenn die Perlen an den Schalen anhängen, reißen die Fischer sie mit den Zangen ab. Aber zumeist werden die Perlmuscheln über Matten von Pfrimmenkraut gebreitet, die am Ufer liegen. So sterben sie in der freien Luft, und nach Verlauf von 10 Tagen befinden sie sich in einem befriedigenden Zustand von Fäulnis. Darauf tut man sie in ungeheure Behälter voll Meerwasser, öffnet und wäscht sie. Jetzt beginn die doppelte Arbeit der Aussonderung. Zuerst lösen sie die Perlmutterblätter ab, die in Kisten von 125 bis 150 Kilogramm geliefert werden. Nachher entfernen sie das Fleisch der Auster, sieben sie ab und sieben sie durch, um auch die kleinsten Perlchen herauszubekommen.«

»Der Preis der Perlen richtet sich nach ihrer Größe?« fragte Conseil.

»Nicht allein nach ihrer Größe«, erwiderte ich, »sondern auch nach ihrer Form, ihrem Wasser, ihrer Farbe, und nach ihrem Orient, d.h. dem schillernden farbenreichen Glanz, der sie dem Auge so reizend macht. Die schönsten Perlen werden Jungfernperlen genannt; sie bilden sich vereinzelt im Fleisch der Molluske; sie sind

weiß, oft undurchsichtig, doch manchmal auch durchsichtig, opalfarbig und zumeist kugel- oder birnförmig. Die kugelrunden werden zu Armbändern verwendet, die birnförmigen zu Gehängen, und die kostbarsten werden nach dem Stück verkauft. Die anderen Perlen hängen an der Schale der Auster, und außergewöhnlich werden sie nach dem Gewicht verkauft. Endlich zur geringsten Sorte gehören die Sandperlen, die nach dem Maß verkauft und ganz besonders zu Stickereien auf kirchlichem Schmuck gebraucht werden.«

»Aber das Aussondern der Perlen nach der Größe muss eine langwierige Arbeit sein«, sagte der Kanadier.

»Nein, mein Freund, sie geschieht vermittels 11 Sieben, die eine unterschiedliche Anzahl Löcher haben. Die Perlen, die in den Sieben mit 20 bis 80 Löchern zurückbleiben, sind ersten Ranges; die bei 100 bis 800 nicht durchfallen, bilden die zweite Sorte; für die dritte Sorte endlich, die Saatperlen, gebraucht man Siebe mit 900

bis 1.000 Löchern.«

»Das ist sinnreich«, sagte Conseil; »ich sehe, dass hier das Klassifizieren mechanisch vor sich geht. Könnte uns mein Herr auch sagen, was die Ausbeutung der Perlausternbänke einträgt?«

»Laut Siers Buch sind die Fischereien Ceylons jährlich für eine Summe von 3 Millionen Haifische verpachtet.«

»Franc!« versetzte Conseil.

»Ja, Franc!« 3 Millionen Franc wiederholte ich. »Aber ich glaube, diese Fischereien tragen jetzt nicht mehr so viel ein wie früher.

Ebenso ist es mit den amerikanischen, die unter Karl V. 4 Millionen Franc brachten, gegenwärtig auf zwei Drittel herabgesunken sind.

Im ganzen kann man den allgemeinen Ertrag der Ausbeutung der Perlen auf 9 Millionen Franc anschlagen.«

»Aber«, sagte Conseil, »man führt ja doch einzelne Perlen von sehr hohem Preis an?«

»Ja, Lieber. Man sagt, Cäsar habe der Servilia eine Perle überreicht, die nach heutiger Münze auf 120.000 Franc geschätzt wurde.«

»Ich habe«, versetzte der Kanadier, »meiner Braut, Kat Tender –

die übrigens einen anderen geheiratet hat, ein Perlenhalsband ge

kauft, das kostete nur ein und einen halben Dollar, und doch – der Herr Professor kann mir’s kecklich glauben – wären diese Perlen nicht durch ein Sieb mit 20 Löchern gegangen.«

»Guter Ned«, erwiderte ich lachend, »das waren unechte Perlen, bloß Glaskugeln, innen mit orientalischer Essenz bestrichen.«

»Ach! diese Essenz«, erwiderte Ned, »muss teuer sein.«

»Sie kostet so viel wie nichts. Es ist nur die silberweiße Substanz der Schuppen des Weißfisches die man im Wasser sammelt und in Salmiak aufhebt. Sie ist ganz wertlos.«

»Vielleicht hat Kat Tender deshalb einen anderen geheiratet«, erwiderte Meister Land nachdenklich.

»Aber«, sagte ich, um auf den hohen Preis von Perlen zurückzukommen, »ich glaube nicht, dass je ein Fürst eine von höherem Wert besaß als die im Besitz von Kapitän Nemo.«

»Diese hier«, sagte Conseil, und wies auf das prachtvolle Kleinod in seinem Glaskasten.

»Ich irre gewiss nicht, wenn ich ihren Wert auf 2 Millionen anschlage ...«

»Franc!« sagte Conseil lebhaft.

»Ja«, sagte ich, »2 Millionen Franc, und ohne Zweifel hat sie den Kapitän nur die Mühe des Einsamseins gekostet.«

»Ah!« rief Ned Land, »könnten wir nicht morgen bei dem Ausflug eine gleiche finden?«

»Pah!« sagte Conseil.

»Und warum nicht?«

»Was sollen uns an Bord der ›Nautilus‹ Millionen nützen?«

»An Bord nicht«, sagte Ned Land, »aber ... sonst wo.«

»Oh! Sonst wo!« versetzte Conseil mit Kopfschütteln.

»In der Tat«, sagte ich, »hat Ned Land recht. Und wenn wir jemals eine Perle von einigen Millionen Wert nach Europa oder Amerika bringen, so gäbe das mindestens ein starkes Beweismittel der Echtheit und zugleich der Erzählung von unseren Abenteuern einen hohen Wert.«

»Das glaub’ ich wohl«, sagte der Kanadier.

»Aber«, sagte Conseil, der stets auf das Belehrende bei den

Dingen zurückkam, »ist diese Perlenfischerei mit Gefahr verbunden?«

»Nein«, versetzte ich lebhaft, »zumal bei einigen Vorsichtsmaßregeln.«

»Was hat man bei dieser Arbeit zu riskieren?« sagte Ned Land,

»höchstens, dass man einige Schluck Seewasser zu verschlingen hat!«

»So ist’s Ned. Beiläufig«, fuhr ich fort, indem ich Kapitän Nemos leichten Ton anzunehmen suchte, »fürchten Sie sich vor den Haifischen, wackerer Ned?«

»Ich!« erwiderte der Kanadier, »ein Harpunier von Profession!

Es ist ja mein Geschäft, ihrer zu spotten!«

»Es handelt sich nicht darum«, sagte ich, »sie mit einem Haken zu fangen, auf das Verdeck zu ziehen, ihnen den Schwanz abzuhauen, den Leib aufzuschlitzen und ihr Herz ins Meer zu werfen!«

»Es handelt sich also ...?«

»Ja, das ist’s eben.«

»Im Wasser?«

»Ja, im Wasser.«

»Meiner Treu, mit einer tüchtigen Harpune! Sie wissen, mein Herr, diese Haifische sind sehr ungeschlachte Tiere. Sie müssen sich umdrehen auf den Bauch, um nach Ihnen zu schnappen, und unterdessen ...«

Ned Land sprach das Wort »schnappen« auf eine Weise aus, dass es einem kalt über den Rücken lief.

»Nun, Conseil, was denkst du von diesen Haifischen?«

»Ich bin ganz auf der Seite meines Herrn.«

»Das ist mir schon recht«, dachte ich.

»Wenn mein Herr den Haifischen Trotz bietet«, sagte Conseil,

»so sehe ich nicht ein, warum sein treuer Diener nicht mit dabei wäre!«

 

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