Göttergeschichten

Göttergeschichten der MaoriDie Maori kannten eine große Anzahl von Göttern, die sie »atuas« nannten. Je­der dieser Götter war der Schöpfer oder Vater irgendeines Naturgegenstandes, der Urheber einer Na­turerscheinung oder der Repräsentant einer Naturkraft: Tane, der Vater des Tui und der Vögel überhaupt; Ru, der Vater der Seen und Flüsse; Tan­garoa, der Vater der Fische; Hina-moki, der Vater der Ratte; Papa, der Vater des Kiwi; Nga-rangi-hore, der Vater der Steine; Mauika, der Vater des Feuers; Rongo, der Vater der Kumara; Tiki, der Vater der Menschen; Maru, der Gott des Krieges; Irawaru, der Vater der Hunde. Sie lebten in den Wolken, in der Sonne, in den Ster­nen, im blauen Himmel, im Regenbogen, in den Bergen; im Blitz, der die Bäume spaltet; im Licht, das die Nacht isst; und in der Nacht, die das Licht ver­schlingt. Das Meer, das unablässig an der Erde nagt, hatte seinen eigenen Gott, wie die Er­de, die das Wasser vom Himmel trinkt, Nebel, Regen, Sommer und Winter, Ost- und Westwind. Mit diesen Göttern lebten die Maori in steter Gemeinschaft, überall ahnten sie ihre Nähe und brauchten infolgedessen weder Idole, noch Tem­pel, noch besondere Festtage.

Die ganze Göttergeschichte der Maori-Mythologie ist, im Gegensatz zu Mela­nesien, ähnlich wie bei den Griechen, Römern und Germanen, zugleich eine Men­schengeschichte; die Geschichte der ältesten und angesehensten Häuptlinge des Volkes, worin die Geister der Vorfahren ihre Verehrung fin­den. Ihre Schicksale, ihre Taten, ihre Erfindungen, ihre Kriege. Die Ahnen des Volkes wurden zu Heroen und schließ­lich zu Göttern verklärt. Es gab im polynesischen Raum Glaubenskämp­fe, Religionskriege und Entmachtungen von Göt­tern, wobei hinter all diesen Er­eignissen natürlich die Häuptlinge und die aus Häuptlingsfamilien her­vorgegange­nen Priester standen. Mit der Religion verbanden sich politi­sche Macht und Einflussnahme über weite Gebiete.

Den Göttergeschichten am nächsten kommen Geistergeschichten und angstvolle Sagen von Ungeheuern, die »an die Kobolde und an die Drachen- und Lindwurm-Sagen des deutschen Mit­telalters erinnern«. Patupaearehes, die auf den hohen Berg­gipfeln hausen, sind riesenhafte Geister aus der Vor-Maori-Zeit und nur für die Klasse der Zauberer und Seher, den Mata Rite, sichtbar. Taniwhas, die in den Bin­nenseen und Meeren ihr Unwesen hauptsächlich in der Form von Haifischen trei­ben. Ngararas, krokodilartige Unwesen, die in Fels­schluchten und Höhlen hausen und arme Wanderer verschlin­gen.

 

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